Zusammenfassung![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Die Endometriose ist eine chronische Erkrankung, bei der sich endometriumartige Zellverbände außerhalb der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) befinden und dem hormonellen Zyklus unterliegen. Die Erkrankung betrifft Frauen im reproduktionsfähigen Alter. Die Symptome sind sehr umfangreich und unspezifisch. Zu den Leitsymptomen zählen Dysmenorrhö, Dysurie, Dyschezie, Dyspareunie und Sterilität. Zwischen dem ersten Auftreten der Symptome und der Diagnosestellung vergehen im Durchschnitt 6–10 Jahre. Nach der Menopause kommt es meistens zu einer Besserung der Beschwerden. Die Behandlungsmöglichkeiten sind operativer oder medikamentöser Art und müssen individuell mit der Patientin abgestimmt werden.
Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.
Definition![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Die Endometriose ist eine chronische Erkrankung der Frau i.d.R. im reproduktionsfähigen Alter und beschreibt das Vorkommen von endometriumartigen Zellverbänden (endometrioide Drüsenzellen und/oder Stromazellen) außerhalb des Cavum uteri. Diese ektopen Schleimhautinseln unterliegen dem hormonellen Zyklus und können im gesamten Körper auftreten.[1][2]
Epidemiologie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- Inzidenz: Ca. 40.000 Neuerkrankungen pro Jahr [2]
- Prävalenz [2][3][4]
- 2–30% aller Frauen [1][4]
- In Deutschland: Schätzungsweise 2 Mio. Frauen
- Weltweit: Schätzungsweise 270 Mio. Frauen
- Altersgipfel: 35–45 Jahre
- Familiäre Häufung
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Die Ursache der Endometriose ist nicht bekannt. [1]
Entstehungstheorien der Endometriose [1][4][5][6][7]
- Transplantationstheorie (Sampson-Hypothese)
- Retrograde Menstruation (natürliches Phänomen) → Verschleppung vitaler Endometriumzellen entlang der Tuben in die Bauchhöhle
- Fehlende Resorption von Makrophagen → Endometriumzellen infiltrieren umliegendes Gewebe → Endometriose
- „Tissue-Injury-and-Repair-Theorie“ (TIAR-Konzept, weiterentwickeltes Archimetra-Konzept)
- Mikrotraumen des basalen Endometriums (Gewebe zwischen Endo- und Myometrium) durch (verstärkte) Peristaltik → Zellen der Basalis des Endometriums lösen sich und werden an einen anderen Ort verschleppt
- Nachfolgende Reparationsmechanismen setzen lokale Östrogene frei → Östrogen verstärkt die Peristaltik und Dysperistaltik → Circulus vitiosus mit weiterer Verschleppung herausgelöster basaler Endometriumzellen [6]
- Archimetrose: Sammelbegriff für Endometriose und Adenomyose, da es sich laut dieser Definition um eine Erkrankung der Archimetra handelt [8]
- Chronische Verletzung der Archimetra im Bereich der endometrial-myometrialen Junktion durch Hyperkontraktilität des Uterus
- Verstärkte Kontraktion des Archimyometriums → Eingeschränkter Spermientransport in die Tube
- Verstärkte Kontraktion des Stratum vasculare der Neometra → Kompression der Archimetra mit Ischämie des basalen und subbasalen Endometriums → Herauslösen basaler Endometriumzellen und verstärkte menstruelle Kontraktion, Dysmenorrhoe (siehe: TIAR-Kozept)
- Begriffe
- Neometra : Stratum vasculare und Stratum supravasculare (Myometrium)
- Archimetra : Endometrium + Junktionalzone
- Junktionalzone: Archimyometrium (Stratum subvasculare) und subbasales Stroma
- Subbasales Stroma (endometrial-myometriale Junktion): Schicht zwischen Endometrium und Myometrium; gehört mit dem Archiomyometrium zur Junktionalzone
- Chronische Verletzung der Archimetra im Bereich der endometrial-myometrialen Junktion durch Hyperkontraktilität des Uterus
- Metaplasietheorie (Zölommetaplasie)
- Wiederholte Reizung (bspw. durch Infektion, Hormone, immunologische Störungen) → Umwandlung differenzierten Gewebes in embryonales Gewebe (Zölomepithel)
- Differenzierung des Zölomepithels in Endometriosezellen → Entstehung von Endometriose (auch in weit entfernten Organen)
- Lymphogene und hämatogene Streuung
- Mechanische Übertragung von Endometriumpartikeln durch bspw. Operationen
Risikofaktoren für die Entstehung einer Endometriose [1][5]
- Genetische Disposition
- Kurze Menstruationszyklen ≤27 Tage
- Verlängerte Dauer der Periodenblutung
- Nullipara oder wenige Schwangerschaften
- Späte erste Schwangerschaft
- Frühe Menarche (nicht gesichert)
- Umwelteinflüsse wie bspw. die Exposition mit polychloriertem Biphenylen oder Bisphenol A
Klassifikation![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Einteilung nach Lokalisation [1][2][4][7][9][10][11][12]
Häufigste Lokalisationen sind im Bereich des Beckenperitoneums, der Sakrouterinbänder des Septum rektovaginale und der Ovarien
- Endometriosis genitalis interna
- Endometriosezellen im Myometrium (Adenomyosis uteri ) mit einem Abstand zur endomyometralen Grenze von 2,5 mm
- Endometriosezellen innerhalb der Tuben
- Endometriosis genitalis externa: Endometriumzellen in den weiteren weiblichen Geschlechtsorganen und im Peritoneum (Tuben und Uterus [Peritoneum viscerale], Ovarien, Sakrouterinbänder [Lig. sacrouterinum], Douglas-Raum, Blasendach, Vagina, Vulva, Perineum, Beckenwand)
- Endometriosis extragenitalis: Endometriumzellen außerhalb des weiblichen Genitales (Harnblase, Ureteren, Darm mit Appendix vermiformis, Bauchnabel, Retroperitoneum, Lunge, Zwerchfell, Gehirn, Narben, etc.)
Klinische (intraoperative) Einteilung [1]
- Peritoneale Endometriose
- Ovarielle Endometriose
- Tief infiltrierende Endometriose: Einwachsen von Endometrioseherden in benachbartes Gewebe oder Organe mit einer Infiltrationstiefe von mind. 0,5 cm
- Adenomyosis uteri, siehe auch: Intraoperative Zeichen einer Adenomyosis uteri
rASRM–Score [1][4][13]
Für die intraoperativ makroskopischen Endometrioseherde und die Adhäsionen werden je nach Lokalisation Punkte vergeben. Anhand des Punktewertes wird die Endometriose dann als minimal, gering, mäßig oder schwer eingestuft. Die rASRM-Klassifikation sollte bei allen Endometrioseoperationen angewendet werden.
rASRM-Score [1] | ||||
---|---|---|---|---|
Endometriose | <1 cm | 1–3 cm | >3 cm | |
Peritoneum | Oberflächlich | 1 | 2 | 4 |
Tief | 2 | 4 | 6 | |
Ovar rechts und/oder links | Oberflächlich | Jeweils 1 | Jeweils 2 | Jeweils 4 |
Tief | Jeweils 4 | Jeweils 16 | Jeweils 20 | |
Douglas-Obliteration | Teilweise | Komplett | ||
4 | 40 | |||
Adhäsionen | < ⅓ | ⅓– ⅔ | > ⅔ | |
Ovar rechts/links | Zart | Jeweils 1 | Jeweils 2 | Jeweils 4 |
Dicht | Jeweils 4 | Jeweils 8 | Jeweils 16 | |
Tube rechts/links | Zart | Jeweils 1 | Jeweils 2 | Jeweils 4 |
Dicht | Jeweils 4 | Jeweils 8 | Jeweils 16 |
Auswertung rASRM-Klassifikation | |
---|---|
rASRM-Score | rASRM-Stadium |
1–5 Punkte | I (minimal) |
6–15 Punkte | II (gering) |
16–40 Punkte | III (mäßig) |
>40 Punkte | IV (schwer) |
Nachteile des rASRM–Scores
- Fehlende Aussage über
- Tief infiltrierende Endometriose
- Krankheitsverlauf
- Subjektive Einschätzung des Situs durch Operateur:in
- Fehlende Relation der Punktzahl mit
- Schwangerschaftsrate
- Rezidivrate
- Schmerzintensität
ENZIAN-Score [1][4]
Einteilung in 3 Kompartimente (je nach Lokalisation) und in 3 Stadien (je nach Größe der Knoten). Die ENZIAN-Klassifikation sollte bei Patientinnen mit tief infiltrierender Endometriose und bei Adenomyosis uteri angewendet werden.
ENZIAN-Score [1] | |||
---|---|---|---|
Gradeinteilung | Kompartiment A (Septum rectovaginale, Vagina) | Kompartiment B (Lig. Sacrouterinum, Beckenwand) | Kompartiment C (Rektum) |
Grad 1 <1 cm | A1 | B1 | C1 |
Grad 2 1–3 cm | A2 | B2 | C2 |
Grad 3 >3 cm | A3 | B3 | C3 |
Weitere Lokalisationen | |||
Uterus | FA | ||
Harnblase | FB | ||
Ureter | FU | ||
Darm | FI | ||
Andere | FO |
Nachteile des ENZIAN-Scores
- Fehlende Aussage über
- Sterilität
- Rezidivrate
- Schmerzintensität
- Krankheitsverlauf
#ENZIAN-Score [14]
Zusammenfassung des Enzian-Scores und des rASRM-Scores zur Erfassung aller Wachstumsformen und Lokalisationen der Endometriose in einem Score. Die ENZIAN-Klassifikation bleibt unverändert, hinzu kommt die Beschreibung des Peritoneums (P), der Ovarien (O) und der Tuben (T). Der Score kann sowohl intraoperativ als auch präoperativ mittels Sonografie oder MRT erfasst werden. Hierfür werden kleine, eingeklammerte Buchstaben angefügt: „u“ für „Ultraschall“, „s“ für „chirurgisch“ („surgical“) und „m“ für „MRT“. Bspw. „#Enzian (u)“ bei einer ultrasonografischen Klassifizierung. Da nicht jede diagnostische Methode eine vollständige Erfassung aller Befunde gewährleistet, können sie im Rahmen der Befunderhebung gut kombiniert werden. Ein Beispiel für die Befunderhebung wäre: P3 O1(re) T1(re) A2 B2 C2 FB.
#ENZIAN–Score [14] | |||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Lokalisation | Ovar O (rechts und links) | Tube T (rechts und links) | Gradeinteilung | Kompartiment A (Septum rectovaginale, Vagina) | Kompartiment B (Lig. Sacrouterinum, Beckenwand) | Kompartiment C (Rektum) | |||||
Definition | Durchmesser eines Kreises, in den die Summe aller sichtbaren Herde passen | Durchmesser der Summe aller Endometriosezysten | Ausmaß der Adhäsionen | ||||||||
Ausprägung | P1: <3 cm | O1: <3 cm | T1: Adhäsionen Beckenseitenwand | Grad 1 <1 cm | A1 | B1 | C1 | ||||
P2: 3–7 cm | O2: 3–7 cm | T2: Adhäsionen Beckenseitenwand, Uterus | Grad 2 1–3 cm | A2 | B2 | C2 | |||||
P3: >7 cm | O3: >7 cm | T3: Adhäsionen Beckenseitenwand, Uterus, Lig. sacrouterinum, Darm | Grad 3 >3 cm | A3 | B3 | C3 | |||||
Weitere Lokalisationen | |||||||||||
Uterus | FA | ||||||||||
Harnblase | FB | ||||||||||
Ureter | FU | ||||||||||
Darm | FI | ||||||||||
Andere | FO |
Endometriosis Fertility Index (EFI) [1]
Für bestimmte anamnestische und chirurgische Kriterien werden Punkte vergeben. Diese Punkte werden schlussendlich addiert und geben die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer Schwangerschaft innerhalb von 36 Monaten an.
- Anamnestische Kriterien
- Alter der Frau
- Dauer der Sterilität
- Schwangerschaftsanamnese
- Chirurgische Kriterien
- Makroskopische Adnexveränderungen und Dysfunktion
- rASRM-Score
- Endometrioseimplantat-Punkte aus rASRM-Score
Symptomatik![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Endometriosezellen reagieren ebenso wie das physiologische Endometriumgewebe auf den hormonellen Zyklus und proliferieren unter Östrogeneinfluss. Daher kommt es häufig zu zyklusabhängigen Beschwerden. Im Verlauf können die Beschwerden auch zyklusunabhängig auftreten und chronifizieren, die Erkrankung kann jedoch auch asymptomatisch verlaufen. Die Symptome können isoliert oder in Kombination auftreten und korrelieren nicht mit dem Ausmaß der Erkrankung.
Leitsymptome [1][2]
- Schmerzen
-
Sekundäre Dysmenorrhö
- Beginn meist ca. 2 Tage vor Blutungsbeginn, Schmerzintensität zunehmend und mit Eintreten der Menstruation abnehmend (zyklussynchroner Crescendoschmerz) [6][10][15][16]
- Dysurie
- Dyschezie
- Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr)
-
Sekundäre Dysmenorrhö
- Sterilität
Größe des Befundes und die Beschwerden korrelieren häufig nicht miteinander!
Unspezifische Symptome [1][2][5][15][17]
- Chronisch zyklische/azyklische Unterbauchschmerzen
- Menometrorrhagien
- Spotting
- Mikrohämaturie, Blasenfunktionsstörungen
- Darmbeschwerden, zyklische Diarrhö, Hämatochezie
- Übelkeit, Erbrechen, Magenbeschwerden
- Kopfschmerzen, Schwindel
- Rückenschmerzen
- Flankenschmerzen
- Schmerzausstrahlung in die Beine
- Erschöpfung
- Häufige Infekte
- Subfebrile Temperatur
Lokalitätsabhängige Symptome [1][18]
- Adenomyosis uteri
- Menstruationsabhängig
- Dyspareunie
- Sterilität
- Beschwerden im Rahmen einer Schwangerschaft: Abort, vorzeitiger Blasensprung, Wachstumsrestriktion, Frühgeburt
- Endometriosis extragenitalis, bspw.
- Bei Darmbefall: Dyschezie, Hämatochezie, Druckgefühl, Blähungen, Tenesmen, Diarrhö, Obstipation
- Bei Blasenbefall: Suprapubische Schmerzen, Pollakisurie, Harndrang, Dysurie, Hämaturie
- Bei Thoraxbefall : Hämoptysen, katamenialer Pneumothorax , Hämatothorax, Schmerzausstrahlung in die Schulter
Eine Endometriose kann auch vollkommen symptomfrei verlaufen: Bei vielen Frauen, die aus anderen Gründen operiert werden, zeigt sich eine Endometriose, ohne dass jemals diesbezügliche Beschwerden aufgetreten sind!
Bei unklaren Schmerzen an eine Endometriose denken!
Diagnostik![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Bei V.a. Endometriose sollte die Patientin an ein Endometriosezentrum überwiesen werden. Zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und dem Erstellen der Diagnose vergehen im Durchschnitt 6–10 Jahre . [1][5]
Anamneseerhebung [1][2][4][19][20]
- Allgemein
- Geburtshilfliche und gynäkologische Anamnese
- Vorerkrankungen
- Voroperationen
- Verletzungen
- Symptomorientierte Anamnese bei Endometriose, insb. folgender Aspekte
- Dysmenorrhö
- Dysurie
- Dyschezie
- Dyspareunie
- Sterilität
- Zyklische/azyklische Unterbauchschmerzen
- Zyklische lokalitätsabhängige Schmerzen
- Schmerztagebuch mit der Patientin sichten
Körperliche Untersuchung [1][4]
- Gynäkologische Untersuchung mit Spekulumeinstellung und bimanueller Palpation
- Inspektion insb. des hinteren Vaginalgewölbes auf tief infiltrierende Endometrioseherde
- Rektale Tastuntersuchung
- Inspektion und Palpation etwaiger Narben
Transvaginale Sonografie [1][21][22][23]
- Adenomyosis uteri
- Diffus vergrößerter Uterus
- Myometrium mit hypoechogenen Streifen
- Heterogenes Myometrium
- Myometrane echoarme/echoleere Zysten
- Subendometriale Mikrozysten
- Asymmetrisches Myometrium
- Fragezeichenphänomen
- Verbreitete Junktionalzone
- Hyperechogene myometrane Spots
- Zentrale Vaskularisierung in der Doppler-Sonografie
- Endometriome (ovarielle Schokoladenzysten): Raumforderung mit homogen-echoarmer Binnenstruktur
- Kissing Ovaries: Hinweis auf eine mittelschwere bis schwere Endometriose
- Negatives Sliding Sign
Ggf. MRT [1][5]
- Bei Adenomyosis uteri
- Zystische Herde im Myometrium
- Asymmetrie von Uterusvorderwand zur Uterushinterwand (Zeichen einer Muskelhyperplasie)
- Irreguläre Junktionalzone
- Weitere Indikationen
- Als Zusatzuntersuchung und zur Therapieplanung bei V.a. tief infiltrierende Endometriose
- Zur Diagnostik kleiner Blasenendometrioseherde (<1 cm)
- Bei V.a. Darmwandbefall
- Bei Ureterummauerung
Weitere organbezogene Sonografien [1]
- Nierensonografie bei
- Verdacht auf infiltrierende Endometriose
- Ovarieller Endometriose
- Endometriose des Ureters
- Kissing Ovaries
- Harnblasensonografie: Bei V.a. Blasenendometriose
Östrogen-Gestagen-Präparate als Therapieversuch bei V.a. Endometriose [4][5]
- Indikation: Vor Entscheidung einer diagnostischen Laparoskopie
- Durchführung: Zyklische Einnahme von Östrogen-Gestagen-Präparaten für 3–6 Monate
- Besserung: Fortsetzung der Therapie
- Fehlende Besserung
- Diagnostische Laparoskopie oder alternativ
- Kontinuierliche Einnahme von Östrogen-Gestagen-Präparaten für 3–6 Monate
- Besserung: Fortsetzung der Therapie; dauerhaft jedoch kontinuierliche reine Gestagentherapie mit Dienogest 2 mg bevorzugen, siehe: Medikamentöse Therapie der Endometriose [24]
- Fehlende Besserung nach 6–12 Monaten: Diagnostische Laparoskopie
Operativ [1][5][25]
- Zeitpunkt: Möglichst prämenstruell, bei Sterilitätspatientinnen in der ersten Zyklushälfte
Diagnostische Laparoskopie [1][2][5]
- Ziel: Histologische Diagnosesicherung
- Vorgehen
- Probeentnahme der Herde
- Vollständige Entfernung aller sichtbaren peritonealen Herde anstreben
- Bei Sterilität: Zusätzlich Chromopertubation
- Probeentnahme der Herde
- Intraoperative Zeichen einer Adenomyosis uteri
- Vergrößerter Uterus mit kissenartiger Konsistenz
- Blue Sign
Diagnostische Hysteroskopie [1]
- Indikation: Insb. zur Sterilitätsabklärung
- Intraoperative Zeichen einer Adenomyosis uteri
- Hypervaskularisation des Endometriums
- Hyperämes Endometrium mit weißen Punkten (Strawberry Sign)
- Defekte im Endometrium
- Subendometriale hämorrhagische Zysten
Weitere diagnostische Interventionen [1][5]
- Kolorektoskopie
- Rektale Endosonografie
- Kolonkontrasteinlauf
- Zystoskopie
- I.v. Pyelogramm
Die Diagnostik mittels laparoskopischer Gewebeentnahme ist der Goldstandard zur histologischen Diagnosesicherung! [1]
Pathologie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- Allgemein [1][1]
- Makroskopisch: Stecknadelkopfartige Läsionen unterschiedlicher Farbe (weißlich, gelb-bräunlich, rötlich, bläulich-violett oder schwarz)
- Mikroskopisch: Endometriale Drüsen und/oder umliegende Stromazellen, ggf. mit Siderophagen
- Ovar: Endometriome (Schokoladenzysten): Durch Einblutung mit brauner Flüssigkeit gefüllt
- Tuba uterina: Salpingitis isthmica nodosa [4][25][26][27][28]
- Definition: Knotige Veränderung im Bereich der Tubenabgänge
- Ätiologie: Uneinheitlich
- Folgen: Verminderung der Durchgängigkeit mit Risikoerhöhung für Sterilität und Extrauteringravidität
Zum Vergleich: Normalbefunde
Differenzialdiagnosen![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- Allgemein [1][2][4][29]
- Entzündlich-infektiöse Erkrankungen des Bauchraums
- Neoplasien , Metastasen
- Zystitis
- Colon irritable
- Verspannung der Beckenbodenmuskulatur
- Nephrogenes Adenom
- Mesotheliale Proliferationen
- Postoperativ: Verwachsungen im Bauchraum ohne das Vorliegen einer Endometriose
- Von weiblichen Geschlechtsorganen ausgehend
- Ovarialtumor oder Ovarialzyste
- Uterusmyome, insb. intramurale
- Zervixpolyp, Endometriumpolyp
- Weitere Müllerianosen [29]
- Endosalpingiose [1][30]
- Endozervikose [29]
- Varicosis Uteri
- Psychisch
- Depressionen
- Somatisierungsstörungen
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Die Endometriose kann medikamentös oder operativ behandelt werden, eine Heilung ist jedoch nicht möglich. Die Behandlung von Endometriosepatientinnen sollte an einem Zentrum mit einem interdisziplinären Team erfolgen. Aufgrund der nicht ausreichend geklärten Ätiologie ist aktuell keine kausale Therapie möglich. [1]
Medikamentöse Therapie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Symptomatische Therapie [1][5]
- Analgetika: NSAR, Novaminsulfon
- Nahrungsergänzungsmittel: Pycnogenol (Seekiefer-Rindenextrakt) in Kombination mit Östrogen-Gestagen-Präparaten zur Reduzierung der Dysmenorrhö
- Physikalisch: Wärmeanwendungen auf den Unterbauch, Ausdauersport, Krankengymnastik, Entspannungsübungen
Hormonelle Therapie [1][2][4][5][31][32][33][34]
- Ziel: Amenorrhö und Entzug der ovariellen Östrogene durch
-
Gestagene, GnRH-Analoga, kombinierte orale Kontrazeptiva oder Aromatasehemmer
- Direkte Wirkung an ektopen endometrioiden Zellen
- Hemmung des östrogenabhängigen Wachstums
- Reduktion der Läsionsgröße und -aktivität und der Uterusgröße
-
Gestagene, GnRH-Analoga, kombinierte orale Kontrazeptiva oder Aromatasehemmer
Erstlinientherapie
- Kontinuierliche reine Gestagentherapie mit Dienogest 2 mg
- Wirkmechanismus
- Senkung der LH-/FSH-Freisetzung → Inhibition der ovariellen Steroidbiosynthese → Niedrigere Gestagen- und Östrogenproduktion → Atrophie und Dezidualisierung der Endometrioseherde und verminderte Proliferation des Endometriums
- Hemmung der Angiogenese
Zweitlinientherapie
GnRH-Analoga
- GnRH-Agonisten
- Anwendung: iv., i.m., s.c. oder nasal,bspw. Buserelin [35]oder Goserelin [36]
- Wirkmechanismus (bei längerfristiger Anwendung): Medikamentöse Kastration
- Applikationsdauer: 3–6 Monate
- Mit Add-back-Therapie: Bis zu 12 Monaten
- GnRH-Antagonisten
- Anwendung, bspw. mit
- Relugolix-Kombinationstherapie (Ryeqo® 40 mg/1 mg/0.5 mg, zugelassen nach vorheriger medikamentöser oder chirurgischer Therapie)
- Elagolix (Orilissa®, Zulassung nur in den USA)
- Wirkmechanismus: Sofortige Blockade der GnRH-Rezeptoren im Hypophysenvorderlappen
- Anwendungshinweise
- Dosisabhängige Wirkung
- Keine Studien zu Adenomyosis uteri
- Anwendung, bspw. mit
- Nebenwirkungen der GnRH-Analoga: Kopfschmerzen, Obstipation
-
♀: Wechseljahresbeschwerden (z.B. Hitzewallungen, Trockenheit der Vagina, Abnahme der Libido, Verringerung der Knochendichte )
- Ggf. Add-back-Therapie zur Verminderung der Nebenwirkungen
- ♂: Hitzewallungen, Flush, Gynäkomastie
-
♀: Wechseljahresbeschwerden (z.B. Hitzewallungen, Trockenheit der Vagina, Abnahme der Libido, Verringerung der Knochendichte )
Östrogen-Gestagen-Präparate
- Vornehmlich Dienogest-Ethinylestradiol-Kombination
- Kontinuierliche Einnahme im Langzyklus ohne Menstruationsunterbrechung
- Off-Label Use
Gestagentherapie
- Weitere kontinuierliche Gestagentherapien
- Lokale Gestagenanwendungen: Levornogestrelhaltige Hormonspirale bei Adenomyosis uteri empfohlen
Bei Therapierefraktärität und sehr ausgeprägten Beschwerden [1]
- Aromatasehemmer, z.B. Anastrozol oder Letrozol
- Veraltet: Testosteronpräparate, z.B. Danazol
Operative Therapie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Indikationen [1]
- Symptomatische Patientinnen mit Endometriose
- Suspektes Erscheinungsbild der ovariellen Endometriose
- Insuffizienz der Hormontherapie
- Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch und Endometriose
Operative Maßnahmen [1][2][4][5]
- Allgemein
- Laparoskopische Entfernung aller erreichbaren Endometrioseherde
- Adhäsiolyse
- Endometriome: Ausschälung der Schokoladenzysten
- Adenomyosis uteri
- Exzision von zystischen oder fokalen Herden möglich
- Hysterektomie (nach abgeschlossener Familienplanung)
- Ausgedehnter intraperitonealer Befall
- Ggf. Laparotomie bei Ummauerung von Organstrukturen
- Hysterektomie und bilaterale Adnexektomie je nach Alter und Situation
- Extragenitaler Befall: Planung im interdisziplinären Team (bspw. bei Befall von Lunge, Darm oder Blase)
- Operative Interventionen: Koloskopische oder zystoskopische Entfernung von Endometrioseherden
Postoperativ
- Rezidivprophylaxe nach Endometriose-Operation
- Östrogen-Gestagen-Präparate im Langzyklus
- Gestagene, bspw. Dienogest (kontinuierliche Gabe)
- GnRH-Analoga für ca. 6 Monate
- Relugolix-Kombinationstherapie (Ryeqo® 40 mg/1 mg/0,5 mg, zugelassen nach vorheriger medikamentöser oder chirurgischer Therapie)
- Anschlussheilbehandlung , insb. bei tief infiltrierender Endometriose bei
- Ausgedehnten Operationen
- Wiederholten Operationen
- Komplexen Verläufen
Komplikationen![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- Sterilität
- Endometriome [1][12]
- Behinderung der Ovulation
- Möglicherweise Reduktion der ovariellen Reserven
- Mögliche Folgen bei operativer Entfernung
- Reduktion der ovariellen Reserve
- Einschränkung der ovariellen Funktion
- Tuben: Verklebungen, Verwachsungen, Tubenwinkelendometriose [1]
- Eizelle gelangt nicht in das Uteruskavum
- Gleichzeitig erhöhtes Risiko für Extrauteringraviditäten
- Peritoneale Endometriose: Niedrigere Fekundabilität im Vergleich zu Frauen ohne Endometriose
- Mögliche Ursache: Chronische Entzündungsreaktion → Negativer Einfluss auf Eizellen und Implantation
- Endometriome [1][12]
- Im Rahmen einer Schwangerschaft [1]
- Extrauteringravidität
- Abort
- Frühgeburtlichkeit
- Plazenta praevia
- Vorzeitige Plazentalösung
- Vorzeitiger Blasensprung
- Wachstumsrestriktion
- Hypertonie
- Erhöhte Rate an Sectiones caesareae
- Gestationsdiabetes
- Nachbarorgane [1]
- Narbige Verwachsungen können zu Ummauerung und Strikturen von Organstrukturen führen
- Entartung: Äußerst selten
Durch Befall der Ovarien und Tuben kann es zur Unfruchtbarkeit der Frau kommen!
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- Rezidive [1][2][5][31]
- Hohe Rezidivrate (20–80%) nach operativer und hormoneller Behandlung
- In Rezidivsituation: Medikamentösen Therapieversuch vor erneuter OP anstreben
- Prognose: Besserung nach der Menopause [1][12]
- Veraltet: Besserung nach einer Schwangerschaft möglich [37]
AMBOSS-Podcast zum Thema![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
CME-Kurs: Endometriose (Juli 2022)
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Meditricks![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Endometriose
Endometriose – Teil 1
Endometriose – Teil 2
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- N80.-: Endometriose
- N80.0: Endometriose des Uterus
- N80.1: Endometriose des Ovars
- N80.2: Endometriose der Tuba uterina
- N80.3: Endometriose des Beckenperitoneums
- N80.4: Endometriose des Septum rectovaginale und der Vagina
- N80.5: Endometriose des Darmes
- N80.6: Endometriose in Hautnarbe
- N80.8: Sonstige Endometriose
- Thorakale Endometriose
- N80.9: Endometriose, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.